Angebot für den Biologieunterricht durch die Abteilung Genetik (gefördert durch die Robert Bosch Stiftung)
Escherichia coli, ein harmloses Darmbakterium, wird seit über 70 Jahren als Modellorganismus für eine Vielzahl biologischer Fragestellungen eingesetzt. Gegenüber anderen Modellorganismen besitzt E. coli viele Vorteile: Beispielsweise ist es sehr leicht zu kultivieren und wächst mit einer Generationszeit von 20 Minuten sehr schnell. Mit seiner Hilfe wurden eine Vielzahl wichtiger Entdeckungen in der Biologie gemacht: unter anderem die Aufklärung der überwiegenden Mehrzahl aller bekannten Stoffwechselwege, die Entwicklung der ersten Modelle der Regulation der Genexpression und die Entzifferung des universell gültigen genetischen Kodes. Mit Hilfe der E. coli-spezifischen Bakteriophagen l und P1 wurden die ersten Untersuchungen zur viralen Morphogenese durchgeführt. Der Bakteriophage P1 spielte eine wichtige Rolle bei der Entdeckung der Restriktionsenzyme, ohne die die heutige Gentechnik nicht möglich wäre. Nicht zu vergessen sind die wichtigen Untersuchungen zum Genaustausch zwischen verschiedenen Individuen (horizontaler Gentransfer) durch Konjugation, Transduktion und Transformation. E. coli wird heute als „Arbeitspferd“ in jedem molekulargenetisch arbeitenden Labor weltweit verwendet. Und es spielt in der biotechnologischen Anwendung, beispielsweise der Produktion verschiedener Aminosäuren oder rekombinantem, humanem Insulin eine wichtige Funktion.
Der Laborstamm E. coli K-12 besitzt 4405 potenzielle Gene. Etwas mehr als 60% hiervon sind bereits näher charakterisiert. Neue Techniken wie DNA-Mikroarray-Analysen zur Bestimmung der Genexpressionsmuster („Transcriptomics“) und 2-D-Proteingelelektrophoresen zur Darstellung aller synthetisierten Proteine („Proteomics“) unter verschiedenen Wachstumsbedingungen ermöglichen durch systembiologische Ansätze zum ersten Mal einen ganzheitlichen Ansatz zur Untersuchung der Frage, wie Leben funktioniert.
In der Schule darf E. coli im Bereich der Sekundarstufe II verwendet werden. Im Rahmen des „NaT-Working“-Projektes stellt die Abteilung Genetik, Materialien und Arbeitsanleitungen zur Verfügung, die einfache genetische Experimente im Unterricht ermöglichen. Fortbildungen zur Durchführung der Experimente werden in regelmäßigen Abständen durchgeführt.
___________________________________________________________________________
Entleihbarer Genetik-Koffer:
Der „Genetik-Koffer“ enthält alle Materialien für die Durchführung der angebotenen Experimente. Kernstücke sind ein automatischer Thermocycler und eine Agarosegelelektrophorese-Kammer mit Spannungsquelle für die Durchführung eines genetischen Fingerabdrucks, 10 automatische Pipetten mit Spitzen, 10 Sicherheitspipettierhilfen, ein Brutschrank, Reagenzgläser, sterile Glasstäbe, Plastikschalen zur Färbung von DNA-Proben sowie alle Chemikalien, Bakterienkulturen, Phagenlysate und Arbeitsvorschriften.
___________________________________________________________________________
Experimente (experimentelle
Anleitungen)
Alle hier vorgestellten Experimente wurden in dieser oder ähnlicher Form bereits im Unterricht eingesetzt.
1. Restriktionsenzyme als molekulare Werkzeuge. Ein wesentlicher Grund für die rasche Entwicklung der modernen molekularen Genetik war die Entdeckung von Restriktionsendonukleasen, mit denen man DNA gezielt „schneiden“ kann. Ihre Funktionsweise kann im Rahmen einer einfachen Restriktionsanalyse gezeigt werden. Der Versuch bietet den Einstieg in die Darstellung modernen gentechnischen Arbeitens wie der Klonierung von beliebigen DNA-Fragmenten, der Erstellung von Genbibliotheken, der DNA-Sequenzierung und der Durchführung von Genomprojekten sowie der biotechnischen Nutzung von Mikroorganismen für die Herstellung verschiedener Produkte wie beispielsweise Human-Insulin etc. pdf Versuch1.
2. Die Polymerasekettenreaktion (PCR) und der genetische Fingerabdruck. Die PCR stellt eine der wichtigsten Methoden in der molekularen Genetik dar und bildet die Grundlage beispielsweise für die Erstellung eines genetischen Fingerabdrucks in der medizinischen Diagnostik von Erbkrankheiten, bei Vaterschaftsnachweisen oder anderen gerichtsmedizinischen Untersuchungen pdf Versuch 2. Mit den im Koffer enthaltenen Materialien und Enzymen kann ein genetischer Fingerabdruck am Beispiel eines hochvariablen Genorts erstellt werden.
3. Bakterielle Konjugation
Die Konjugation stellt neben der Transduktion und der Transformation einen der drei genetischen Austauschmechanismen bei Bakterien (Stichwort „horizontaler Gentransfer“) dar.
Dieser Mechanismus spielt bei der Entstehung multiresistenter Bakterienstämme, die bei der Bekämpfung von Infektionskrankheiten mit Antibiotika ein immer größeres Problem darstellen, sowie beim gerichteten DNA-Transfer von Bakterien in Wirtspflanzen (Stichwort „Ti-Plasmid“) eine wichtige Rolle.
Der Versuch bietet unter anderem die Möglichkeit zur Besprechung der Wirkungsweise von Antibiotika, die Darstellung evolutionärer Mechanismen am Beispiel eines horizontalen Transfers von Genen für eine bestimmte Stoffwechselleistung (Laktose-Verwertung) sowie die Auseinandersetzung mit der Fragestellung möglicher Probleme bei Freisetzungsexperimenten mit gentechnisch veränderten Organismen pdf Versuch 3.
4. Regulation des Lactose (lac)-Operons
Die Besprechung genetischer Regulationsmechanismen am Beispiel des lac-Operons ist zentrales Thema in jedem Genetikunterricht. Der vorgeschlagene Versuch zeigt die klassische experimentelle Vorgehensweise bei der Aufstellung des Regulationsmodells für die Expression der Gene zur Laktose-Verwertung. Darüber hinaus bietet sich die Möglichkeit, generelle Stoffwechselleistungen, die Funktion von Enzymen und deren Regulation bei Bakterien zu erläutern pdf Versuch 4.
5. Bakteriophagen als Modellsysteme für Viren
Bakteriophagen sind hervorragend geeignete und für den Menschen absolut harmlose Modellsysteme, an denen man das Konzept von nicht lebenden biologischen Elementen und ihrer Wechselwirkung mit ihren Wirtszellen erläutern kann. Der Versuchsaufbau ermöglicht auch die quantitative Bestimmung der spontanen Mutationsrate bei Bakterien und bietet damit einen Einstieg in die Erklärung von evolutionären Mechanismen pdf Versuch 5.
Weitere Angebote können auf Anfrage und unter Mithilfe interessierter Lehrer zusammengestellt werden.
Für weitere Informationen stehe ich Ihnen gern zur Verfügung. Die Kontaktadresse lautet:
PD. Dr. Knut Jahreis
Arbeitsgruppe Genetik
Universität Osnabrück
Fachbereich Biologie/Chemie
Barbarastr. 11
49069 Osnabrück
Tel. 0541-969-2288
E-mail: Jahreis@Biologie.Uni-Osnabrueck.de