Die ringförmige Sonnenfinsternis am 3. Oktober 2005

Geflogen waren wir (Arnd Thomasmeyer und Dr. Thomas Kunzemann von der astronomischen Arbeitsgemeinschaft und Dr. Andreas Hänel vom Osnabrücker Planetarium) von Düsseldorf mit Air Berlin nach Alicante und hatten uns dort am Flughafen einen Mietwagen gebucht. Als Standquartier hatten wir eine Ferienwohnung in Dénia bezogen.

In den Tagen vor der Finsternis wurden mögliche Beobachtungsplätze erkundet.

Freitag 30.9.

Vorbei am Naturpark des Berges Montgo und dem Cap de Sant Antoni fuhren wir durch Feriensiedlungen auf die Cumbre del Sol bei Benitatxell. Auf diesen exponierten Beobachtungsort fiel die erste Wahl, da man hier vom Llorenca in 442 m Höhe eine fantastische Sicht ins Landesinnere und aufs Meer hatte.

Samstag 1.10.
Heute entschieden wir uns dafür, das Landesinnere zu erkunden, da alle Vorhersagen für dort gutes Wetter ankündigen, während es an der Küste eher problematisch sein könnte. Nach den Landkarten dürfte eine Fahrt längs der Zentrallinie lange Zeit dauern, da nur kurvige Straßen eingezeichnet sind. Die Autobahn A7 nach Valencia und dann die A3 Richtung Madrid würde an der Grenze zwischen den Provinzen Valencia und Cuenca wieder die Zentrallinie schneiden, der gesamte Verlauf ist aber innerhalb der Zentralitätszone. Die 200 km sollten in 2 Stunden zu schaffen sein. War der Himmel an der Küste noch sehr diesig, wurde er weiter ins Landesinnere immer klarer, nahe der Zentrallinie überquert die A3 auf abenteuerlichen Brücken den Contreras-Staudamm und hier hielten wir nach einem Beobachtungsplatz Ausschau.
 
Am Camping-Platz Venta de Contreras, einer alten Post-Stelle, zeigte sich der Platzwart bestens informiert und gab uns viele Hinweise. Er erwartete noch 40 Franzosen und mehrere spanische Gruppen zur Beobachtung der Finsternis und auf dem Balkon stand schon ein Teleskop parat. Doch das südlich anschliessende Naturreservat Reserva Natural de las Hoces del Rio Cabriel wäre nur über eine Piste erreichbar. Aber hoch über dem Tal ragten zwei Hotel- oder Restaurantruinen, die gute Aussichten bieten würden. Die bewaldete Gegend faszinierte uns und mögliche Beobachtungsplätze würde es sicher genügend geben. Mit dieser Information reisten wir zurück nach Dénia, und brauchten für die Strecke wiederum kaum 2 Stunden.

Am Abend waren nun Beobachtungen von der Asociacion Astronomica Marina Alta (Marina Alta ist der Landkreis um Dénia) angesetzt worden. Auf dem verabredeten Parkplatz trafen nach und nach einige der Amateure ein und dann ging es mit 5 PKWs über kurvenreiche Straßen (40km in 1h) ins Landesinnere nach Castell de Castells. Etwas weiter lag der Beobachtungsplatz, eine Kreuzung von 2 Feldwegen, auf 720m Höhe in einer Hochebene, die rundherum durch Berge von den lichterfüllten Städten der Costa Blanca etwas abgeschirmt war. Trotzdem konnten wir noch den Schützen und das Milchstraßenzentrum in voller Pracht bewundern, auch wenn immer wieder Wolkenschwaden über die Berge schwappten. Um 22h tauchte dann auch noch ein spanisches Fernsehteam auf, das uns kräftig blendete und ich bekam die Ehre eines Interviews in meinem "broken Espanol". Viele Objekte wurden beobachtet, Höhepunkt war dann noch der Mars, doch gegen Mitternacht wurden die Zelte abgebrochen und wir fuhren zurück.
 


vor dem Aufbruch zur Beobachtung

Skorpion und Venus sind gut sichtbar

Schütze und Milchstrassenzentrum
das Filmteam erhellt die Landschaft

... und die Beobachter

Sonntag 2.10.
Der Himmel begrüßte uns heute wieder mit Wolken bedeckt. Nochmals fuhren wir zur Cumbre de Sol, doch heute erschien der Berggipfel bei dem kräftigen Wind nicht so günstig und wir fanden einige potentielle Plätze die etwas tiefer und windgeschützter lagen.
Dann fuhren wir weiter an der Küste entlang, besichteten die schöne Altstadt von Altea, und fuhren weiter in das interessante Bergstädtschen Guadalest. Inzwischen klarte es immer weiter auf und am Abend war es weitestgehend wolkenlos.
 

Montag 3.10.: der Finsternistag
Am Morgen beim Aufstehen um 7 Uhr der Schock: der Himmel war stark bewölkt. Es gab zwar mehrere Wolkenlöcher, sah aber nicht so aus, als würden diese sich auflösen.

So fiel die Entscheidung ins Landesinnere zu fahren und nach gut 2 Stunden kamen wir über die Autobahnen A7 und A3 in Minglanilla kurz hinter der Grenze der Provinzen Cuenca/Valencia nahe dem Stausee Contreras an. An der Ruine einer Raststätte an der Abfahrt stand schon ein Bus und einige PKW und mehrere Fernrohre waren aufgebaut. Doch wir fuhren auf der N111 weiter Richtung Zentrallinie zurück nach Osten, vereinzelt standen PKWs und Fernrohre in den Feldwegen. Wir bogen dann auf die alte Straße ab, die nach Bau der Autobahn in einer Sackgasse endet, und fanden schnell einen günstigen Beobachtungsplatz.
 

Die Koordinaten des Platzes (Aldi-GPS): 39°32'21,5"N, 1°32' 02,5"W, 876m Höhe

Eingetragen auf ein Landsat-Satellitenbild der NASA (https://zulu.ssc.nasa.gov/mrsid/) zeigt sich, dass wir damit nicht ganz 400 m neben der Zentrallinie lagen.


 
Schnell wurden die Geräte aufgebaut und der 1. Kontakt um 9:41:22,5 MESZ konnte beobachtet werden.
Langsam schob sich der Mond immer weiter vor die Sonnenscheibe. Mehrfach fuhren nur zwei Autos vorbei, vermutlich arbeiteten die Insassen am Ende der Straße. Ansonsten blieben wir allein.
Immer weiter schob sich der Mond vor die Sonne und etwa 5 Minuten vor dem 2. Kontakt wurde das Licht wie bei einer totalen Finsternis merklich fahler. In Projektionen nach dem Lochkameraprinzip wurden nun die Sonnensicheln sichtbar. Die Vögel, die vorher noch gezwitschert hatten, verstummten nun.
Die Sichel wandelte sich immer mehr zu einem Kreis und um 10:58:19,5 stand mit dem 2. Kontakt der Mond vollständig vor der Sonne. Zur Mitte der Finsternis um 11:00:24 zeigte sich die Sonne als idealer Ring und die Sonne war zu 90,5% bedeckt. Um 11:02:38,2 entfernte sich der Mond mit dem 3. Kontakt wieder von der Sonne, hier leuchtete ein Mondtal sehr früh auf, wie auch die Vorhersagen des Mondrandprofils der NASA zeigten.
 

Die etwas mehr als 4 Minuten erschienen viel zu kurz. Nach weiteren 5 Minuten begannen wieder die Vögel zu zwitschern und es wurde wärmer.

Mit dem 4. Kontakt um 12:27:23 war die Finsternis beendet.
 
 

Aufnahmen wurden mit einer "Russentonne" 10/1000 mm gewonnen, jetzt erstmals mit einer digitalen Spiegelreflexkamera. Als Filter diente das Dichte 3,8-Filter von Baader mit dem Orange-Filter der Russentonne (wegen Stabilität und Helligkeitsreduzierung) bei einer Empfindlichkeitseinstellung von 100 ASA und 1/4000 s Belichtungszeit.

Mit einem Transmissionsgitter (1200 Linien/mm) vor dem Objektiv der Casio EX-P600 wurden Spektren aufgenommen:
Es sollten wieder (wie 1999) die Fraunhoferschen Linien als Sicheln oder gar Ringe abgebildet werden. Doch trotz kürzest möglicher Belichtungszeit und kleinster Blende war das Spektrum in vielen Bereichen überbelichtet, nur die kräftigen H- und K-Linien im Blauen sind gut zu sehen. Das nächste Mal muss wohl noch ein Neutralglasfilter eingesetzt werden ...
 

UT 8:30:30
UT 8:51:20
UT 8:58:18
UT 9:02:35

 
UT 8:15:34
Zum Test wurden auch einige Einfachbilder mit der Casio EX-P600 durch die Finsternisbrille geschossen ("Minimalastronomie").
UT 9:03:14

Temperaturbeobachtungen
 

Die Messungen von Temperatur und Luftfeuchte wurden mit zwei Testostor 175-2 Datenloggern der Firma Testo automatisch in 30 Sekunden-Intervallen aufgezeichnet und nach der Rückkehr ausgewertet. Ein Messfühler lag im Auto im Schatten (Temperatur2 und Feuchte2), der andere im direkten Sonnenlicht. Der Temperaturabfall ist mit 7-8° in der Sonne ziemlich groß, mit einem anderen Thermometer wurde während der zentralen Phase gar nur 9° gemessen.

Nach der Rückkehr nach Dénia trafen wir uns mit dem lokalen astronomischen Verein und vielen anderen internationalen Beobachtern (aus USA, Italien) im Restaurant Mena zu einem typischen lokalen Essen. Es wurden noch viele Kontakte geknüpft und wir erfuhren, dass eine Wolke über Dénia geblieben war und die Beobachter auch 10 Kilometer ins Landesinnere flüchten mussten, wo sie die Finsternis dann allerdings bei klarem Himmel verfolgen konnten.
 

Und was haben die Wettervorhersagen geholfen?
Selbst die längerfristige Vorhersage war schon eine Woche vorher recht gut und sagte ein Tief über dem westlichen Mittelmeer vorher. Für Sonntag war der Durchzug einer Schlechtwetterfront angesagt. Aber ein Kaltlufteinfall mit starkem Niederschlag (200 l/qm), wie er uns von einem lokalen Resident vorhergesagt wurde, war nicht zu erwarten und traf auch nicht ein. Die lokalen Vorhersagen des spanischen und deutschen Wetterdienstes waren auch nicht sehr hilfreich, sie sagten immer strahlenden Sonnenschein voraus. Die Satellitenbilder (vis und IR) des Deutschen Wetterdienstes waren relativ wenig aussagekräftig: die Bewölkung am Sonntag war gar nicht zu erkennen, auch die Wolken am Montag nicht. Etwas besser war das satellitenbild des spanischen Wetterdienstes und die Schwarzweiss-Satellitenbilder von Eumetsat. Lediglich die speziellen Hinweise des spanischen Wetterdienstes zur Sonnenfinsternis sagten vorher, dass am Finsternistag das Wetter im Inneren gut sein würde und an der Küste zwischen Valencia und Alicante lokal mit Wolken zu rechnen sei - wie es auch eintraf!

Vor dem Rückflug am 4. konnte noch ein Blick auf die lokale Presse geworfen werden, natürlich stand überall die Finsternis auf der Titelseite und im Inneren gab es mehrseitige Berichte:
 

www.lasprovincias.es
www.diarioinformacion.com

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